Inspiration einer Malreise
Wie das Dörfchen „Ahrenshoop“ an der Ostsee
seit über 100 Jahren die Künstlerinnen und Künstler
in den Bann zieht.
Hier geht es um die Magie eines bezaubernden Ortes an der Ostsee der von der Natur geprägt ist. Genau diese ungetrübte Natur ist es die uns Maler:innen immer wieder dort hinzieht und seit über 100 Jahren bis heute zum Malen animiert.
Das Kleinod am Rande von Mecklenburg-Vorpommern
Als ich aus dem Süden Deutschlands angereist bin bog ich in Hamburg ab Richtung Osten, an Rostock ging’s vorbei und dann dann suchte ich den letzten Zipfel der Mecklenburgischen Seenplatte. Ich entdeckte ein Meer - doch das war der Binnensee „Bodden“ der sich groß und ruhig hinter Ribnitz-Dammgarten, erstreckt und am Ende von einer schmalen langgezogenen Halbinsel begrenzt wird: Fischland und Darß.
Hier genau taucht langsam - nach dem alten Schifferort Wustrow - mein geliebtes Künstlerdorf „Ahrenshoop“ auf: Reedgedeckte Häuser, Pferde auf den Wiesen, kleine Wege, ein verwunschener Hafen und endlich hinter den Dünen: das Meer.
Ahrenshoop - Vom Fischerdorf zur Künstlerkolonie
Auch die Maler Paul Müller-Kaempff (1863 -1941) und sein Freund Oskar Frenzel (1855–1915) wanderten 1889 von Wustrow aus am Strand entlang Richtung Osten und entdeckten zufällig hinter der Bucht das kleine Fischerdörfchen Ahrenshoop wie es so friedlich in der Sonne lag. Hier liess er sich nieder und gründete 1894 ein Atelier und die Malschule St. Lucas. Daraufhin kamen viele Künstlerinnen und Künstler, auch Literaten und Musiker, folgten dem Beispiel von Kaempff und ließen sich dort nieder, darunter auch Frauen wie Anna Gerresheim (1852–1921), und Elisabeth von Eicken (1862–1940) die ihre Malerei hier vertiefen konnten. Die Künstlerkolonie war geboren.
Die Sehnsucht nach Ursprünglichkeit, Natur und lockerer Plein Airmalerei fand hier ihren Ort der Träume während die Industrialisierung in den Städten rasant zunahm.
Paul Müller-Kaempff: Abendstimmung am Darß, 1898, Öl auf Leinwand, 109 x 148,5 cm
Kunstmuseum Ahrenshoop, Repro: Robert Dämmig
Vom Wind gezeichnet
Der Himmel ist so weit und groß, daß auch die Gedanken abheben und verspielt mit den Wolken zu tanzen beginnen. Hier laufe ich am Wasser entlang, den Wellensaum an den Füßen und den Wind um die Nase. Bis ich zum Naturpark „Weststrand“ komme, dem magischen Ort wo die hohen Kiefern so lange vom Wind zerzaust wurden dass sie alle gebeugt in eine Richtung zu flüchten scheinen: ins Landesinnere. Diese „Windflüchter“ ragen einzeln in bizarren Formen empor und bilden doch in ihrer Gesamtheit den Kreislauf von Werden und Vergehen. Entkräftete Baumriesen neigen sich langsam und geben sich der Erde hin.
Auch die Dünenlandschaft verändert sich laufend, hier wird der Sand kontinuierlich abgetragen und weit im Osten, hinter dem Darßer Leuchtturm wieder in runden Formen angeschwemmt. Das betrifft vor Allem die malerische Steilküste „Das hohe Ufer“ bei Ahrenshoop. Die Sturmfluten im Winter und das Nisten der Seeschwalben graben die Steilküste so ab, daß die Küste abrutscht. Inzwischen sind einige alte Bunker vom Festland ins Meer gepoltert wo sie jetzt friedlich von den Wellen umspielt werden, ein surreales Bild.
Hier waten die Fischer in langen Stiefeln durch das seichte Wasser und werfen ihre Angeln aus.
„Langgehen darf man hier nicht“ am Fuße der Steilküste „weil hier jeder Zeit etwas runterkommen kann, und wenn es kommt dann mußt du beherzt ins Wasser springen“ erzählt mir eine einheimische Bernsteinsucherin. In ihren Taschen klimpern ihre Schätze bei jedem Schritt. Heute ist es ein ganz schmaler Streifen den das Meer mir läßt unter den Felsen lang zu klettern. Morgen hat vielleicht das Meer wieder sein Gebiet erobert.
Kunst und Künstler
Im Kunstmuseum Ahrenshoop sind die schönsten Bilder der Malerinnen und Maler der Künstlerkolonie zu Hause. Es ist ein Besonderes Bauwerk der Staap Architekten aus Berlin welche ihren Entwurf von den typischen Ahrenshooper Bauerngehöften abgeleitet haben, die sich um einen Hof herum gestalten. Sie transformierten diesen ländlichen Baustil zum modernen Museumsbau.
In den Innenräumen spüre ich sofort die Faszination, die die Maler der Künstlerkolonie empfunden haben: Großartige Natur und einsame kleine Menschen.
Im Hotel „Namenlos“ entdecke ich viele Originale, die der Gastwirt „Fischer“ und seine Familie im Laufe der Zeit gesammelt hat und allen zugänglich macht.
Weiter geht es mit dem Fahrrad zum Ahrenshooper Kunstpfad. Der zeigt mir nicht nur die Bilder der Künstlerinnen und Künstler der Kolonie sondern auch genau die Blickwinkel auf die Natur die so kostbar sind, dass sie zu Motiven in ihren Bildern wurden: Die Dünen, die redegedeckten Bauernhäuser, der Friedhof am Schifferberg und die weiten Felder mit der alten Windmühle. Sie ist nach liebevoller Restaurierung heute wieder in Betrieb und verwöhnt alle Besucher mit selbstgebackenen Kuchen und köstlichem Kaffee.
Das über 350 Jahre alte, knorrig-urige „Dornenhaus“ ist eines der ältesten Rohrdachhäuser von Ahrenshoop und beherbergte Schiffer, Zöllner, Künstler, darunter Berthold Brecht und ist jetzt eine außergewöhnliche Galerie, Veranstaltungsort und Werkstatt der typischen Fischlandkeramik. Regelmäßig wechselnde Ausstellungen gibt es hier in den niedrigen Räumen oder im verwunschenen Garten zu sehen.
Kunst liegt in der Luft
In Ahrenshoop hat fast jedes Haus mit Kunst zu tun: entweder zeigt es die Bilder der Künstler, deren Geschichten oder es beherbergt sie.
Das Interesse der Künstlerinnen und Künstler strömt seit Paul Müller-Kaempff in diesen Ort. Fortwährend suchen Künstler die Spuren der alten Meister auf und beziehen neue Positionen: Zur Natur, zum Zeitgeschehen, zur Gesellschaft und zur eigenen Person.
Das Künstlerhaus Lukas fördert zeitgenössische Künstlerinnen und Künstler indem es regelmäßig Stipendien vergibt um sich hier in Ahrenshoop für ein paar Monate niederlassen zu können. Hier ist ein künstlericher Kraftort und man kann sich vollkommen inspirieren lassen und sich mit anderen Künstlern und Schriftstellern austauschen. Am Monatsende läd' ein Tag der offenen Tür im Haus Lukas zum Rundgang ein die spannenden Arbeiten zu betrachten.
Im größeren Rahmen findest Du die moderne zeitgenössische Kunst im „Neuen Kunsthaus“ wo pro Jahr fünf bis sechs Ausstellungen von Europäischem Rang in Zusammenarbeit mit dem Haus Lukas kuratiert und ausgestellt werden.
Wenn du interessiert bist, das kleine Dorf Ahrenshoop kennen zu lernen und direkt dort in einer kleinen Gruppe mit Aquarell oder mit Acryl zu malen, kannst du auf meiner Website deinen Platz reservieren.
Julia Asfour, Jahrgang 1964, Studium der Visuellen Kommunikation an der Hochschule für Gestaltung Offenbach, Freischaffende Künstlerin und Dozentin für Kunstkurse. Julia Asfour veranstaltet Malreisen innerhalb Deutschlands und nach Frankreich (Giverny und Provence).
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